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Vereinsrecht: Einsicht in die Mitgliederliste für ein Minderheitsbegehren

Das AG Straubing hat mit Urteil vom 10.10.2017, 3 C 482/17, über das Begehr eines Vereinsmitgliedes zu entscheiden, das von seinem Verein eine Mitgliederliste wollte, um damit ein Minderheitenbegehren anzustoßen.

Es besteht zwar grundsätzlich das Recht der Klagepartei auf Kontaktaufnahme mit den übrigen Mitgliedern zur Ausübung seiner Mitgliedsrechte. Aus Sicht des Gerichts bedarf es jedoch über die Art und Umfang der Gewährung der Einsichtnahme jeweils einer Prüfung und Interessenabwägung im Einzelfall. So normiert § 37 BGB gerade nicht ausdrücklich das Recht auf direkte Herausgabe der Mitgliederliste, sondern stellt die Kenntnis der Mitglieder und deren Adresse lediglich einen Zwischenschritt für die mögliche Kontaktaufnahme und Durchführung des Mitgliederbegehrens als ein Recht des Klägers als Mitglied der Beklagtenpartei dar. Demnach ist vorliegend bereits darauf abzustellen, ob bzw. inwieweit dem Kläger dieses Recht auf Durchführung des Mitgliederbegehrens überhaupt genommen ist, soweit er nicht eigenhändig in Besitz der Mitgliederliste kommt. So ist vorliegend insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits seitens einzelner Mitglieder einer Herausgabe der Daten sogar ausdrücklich widersprochen wurde. Andererseits ist dagegen nicht ersichtlich, inwieweit für den Kläger für die Durchsetzung seiner Interessen zwingend der persönliche Besitz der Mitgliederlisten erforderlich ist. Das von der Klagepartei laut Klageschriftsatz beabsichtigte Mitgliederbegehren bzw. die hierfür erforderliche Kontaktaufnahme mit den Mitgliedern ist vorliegend vielmehr auch über eine treuhänderische Abwicklung zu erreichen, während hierbei jedoch gleichzeitig auch die ebenfalls schutzwürdigen Interessen der übrigen Mitglieder gewahrt werden.

Der insoweit seitens des Klägers geltend gemachte Vorrang des § 37 BGB ist mithin vorliegend schon nicht streitentscheidend, da eine Beeinträchtigung der Durchführung des begehrten Mitgliederbegehrens und eine Beeinträchtigung des von der Klagepartei geltend gemachten Mitgliedsrechts im Falle der Herausgabe der Daten nur an einen Treuhänder bereits nicht gegeben ist. Das von der Klagepartei geltend gemachte Recht und Interesse an der Durchführung des Mitgliederbegehrens wird demnach nicht beeinträchtigt, soweit die Daten nur an einen Treuhänder herausgegeben werden, und der Kläger hierdurch mit den Mitgliedern zur Durchführung der Mitgliederbefragung sehr wohl Kontakt aufnehmen kann. Demgegenüber liegen bereits mehrfache Aufforderungen von weiteren Mitgliedern an die Beklagtenpartei vor, die persönlichen Daten nicht herauszugeben. So lag auch in der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.06.2010 - II ZR 219/09 eine Herausgabe an einen Treuhänder zugrunde und auch nach dieser Entscheidung hat grundsätzlich eine Abwägung der Interessen des Antragstellers an der Einsichtnahme und der Interessen der übrigen Mitglieder zu erfolgen. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.02.1991 - 1 BvR 185/91 gewährt nicht pauschal jedwedes Herausgaberecht, sondern stellt wiederum eine Einzelfallentscheidung auf Basis der in der zu überprüfenden Entscheidung erfolgten Tatsachenfeststellungen dar.

Wie ausgeführt ist aber gerade dieses berechtigte Interesse an einer persönlichen Herausgabe an den Kläger vorliegend nicht begründet, während andererseits bereits konkreter Widerspruch einzelner Mitglieder gegen die Herausgabe erhoben wurde.

Insoweit erschließt sich auch eine Beeinträchtigung des klägerischen Rechts durch die behauptete Einflussnahme der Vorsitzenden auf einzelne Mitglieder nicht, da diese allenfalls kausal für eine Nichtteilnahme der übrigen Mitglieder, aber nicht für eine nicht mögliche Kontaktaufnahme bzw. nicht mögliche Durchführung der Kontaktaufnahme über einen Treuhänder ist. Demnach bliebe es sowohl bei direkter Kontaktaufnahme durch den Kläger als auch bei Kontaktaufnahme über den Treuhänder weiterhin den einzelnen Mitgliedern jeweils unbenommen, dem Begehren des Klägers zu folgen oder eben nicht. Sofern sich dann ein Mitglied am Begehren des Klägers wegen Einflussnahme durch die Vorsitzenden nicht beteiligt, geschieht dies unabhängig davon, ob die Kontaktaufnahme direkt über den Kläger in Besitz der Adressen oder ob die Kontaktaufnahme über den Treuhänder erfolgte. Auch die behauptete Einflussnahme durch die Vorsitzende auf die einzelnen Mitglieder rechtfertigt mithin nicht den eigenhändigen Besitz der Mitgliederdaten durch den Kläger.

Im Ergebnis sind folglich sowohl die Interessen der übrigen Mitglieder als auch das Interesse des Klägers an der Durchführung des Mitgliederbegehrens durch die Herausgabe an einen Treuhänder jeweils ausreichend und auch umfassend geschützt. Einer Herausgabe an einen Treuhänder wird seitens der Beklagtenpartei insoweit auch nicht entgegengetreten. Für eine direkte Herausgabe an den Kläger besteht dagegen kein Anspruch, weshalb die Klage auch vollumfänglich abzuweisen war. Eine bloße Teilabweisung kommt hierbei nicht Betracht, weil es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände und nicht um ein bloßes Teilunterliegen handelt.

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© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2017