Sie sind hier: Aktuelles

Verschuldete Zusendung ohne Double-Opt-In

Amtsgericht Heidelberg, 27 C 488/08, Urteil vom 10.03.2009, bestätigt durch LG Heidelberg, 1 S 15/09, Urteil vom 23.09.2009

1. Der beklagten Partei wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der beklagten Partei zu vollziehen ist, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit der klagenden Partei zur Aufnahme eines erstmaligen geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass die ausdrückliche Einwilligung der klagenden Partei vorliegt.
2. Die beklagte Partei wird verurteilt an die klagende Partei Euro 402,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 28.01.2009 zu zahlen.
3. Die beklagte Partei wird verurteilt den von der klagenden Partei verauslagten Gerichtskostenvorschuss in Höhe von Euro 236,25 seit 21.11.2008 mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die klagende Partei zu 25% die beklagte Partei zu 75%.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die beklagte Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die klagende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die klagende Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die beklagte Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird festgesetzt auf Euro 4000.00.

Tatbestand

Mit der Klage werden Ansprüche geltend gemacht wegen Unterlassung unerwünschter Werbung per E-Mail sowie wegen Auskunft und Rechtsanwaltsgebühren. Die beklagte Partei ist Inhaberin der Domain www….at. Am 29.09.2008 erhielt die klagende Partei, ein Rechtsanwalt, an die beruflich genutzte Adresse per E-Mail eine Nachricht über eine erfolgte Anmeldung zum Newsletter-Service, welche von der klagenden Partei mangels Interesse an einem Newsletter nicht beantwortet wurde. Auf dem Newsletter ist vermerkt, dass man sich durch Anklicken abmelden kann. Am 09.09.2008 erhielt die klagende Partei per E-Mail an die beruflich genutzte Adresse ein Werbeschreiben der beklagten Partei.
Die klagende Partei hat die beklagte Partei am 09.09.2008 unter Beifügung einer Unterlassungserklärung abgemahnt unter Fristsetzung zum 23.09.2008. Die Aufforderung zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung war erfolglos.

Die klagende Partei behauptet:
Die klagende Partei habe sich nicht angemeldet. Es liege eine unzulässige Beeinträchtigung vor. Es bestehe Wiederholungsgefahr. Es bestehe Anspruch auf Erstattung der Kosten der Unterlassungsaufforderung.
Die klagende Partei beantragt:
Der beklagten Partei wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer zu vollziehen ist, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit der klagenden Partei zur Aufnahme eines erstmaligen geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass die ausdrückliche Einwilligung der klagenden Partei vorliegt.
Die beklagte Partei wird verurteilt der klagenden Partei Auskunft darüber zu geben, welche Daten zur Person der klagenden Partei bei der beklagten Partei gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, welcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt wird und an welche Personen oder Stellen diese Daten regelmäßig übermittelt werden.
Die beklagte Partei wird verurteilt an die klagende Partei Euro 402,82 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 28.01.2009 zu zahlen.
Die beklagte Partei wird verurteilt den von der klagenden Partei verauslagten Gerichtskostenvorschuss von Euro 315.00 seit 21.11.2008 mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die beklagte Partei beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die beklagte Partei behauptet:
Die klagende Partei habe die Newsletter bestellt und sei mit dem Erhalt einverstanden gewesen. Die klagende Partei habe die Newsletter bewusst bestellt. Die Geltendmachung der Ansprüche sei rechtsmissbräuchlich. Es bestehe der Verdacht, dass die klagende Partei aus reiner Gebührenerzielungsabsicht handle. Die Abmeldung hätte einfach vorgenommen werden können. Die Erstattung von außergerichtlichen Abmahnkosten in eigener Sache sei ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Da die Parteien des Rechtsstreits keine Mitbewerber sind, ergeben sich Ansprüche der klagenden Partei nicht aus dem UWG.
I.
Der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei ergibt sich aus §§ 823, 1004. Die unerlaubte Zusendung des Werbung enthaltenden Newsletters per E-Mail stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der klagenden Partei sowie einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, Rechtsanwaltskanzlei, dar.
A.
Durch die Zusendung von E-Mails zu Werbezwecken entsteht eine Belästigung für den Empfänger, die dieser nicht hinzunehmen braucht. Nähere Feststellungen zur Frage der Belästigung sind nicht erforderlich, denn es ist allgemein bekannt, dass für den Empfang von E-Mails eine gebührenpflichtige Online-Verbindung erforderlich ist und dass mit dem Sichten und Aussortieren unerlaubter E-Mails ein Arbeitsaufwand verbunden ist.
B.
Die Zusendung einer E-Mail zu Werbezwecken ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt hat, E-Mail-Werbung zu erhalten, oder wenn - gegenüber Gewerbetreibenden - auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann. Die beklagte Partei ist für die bestrittene Behauptung, die klagende Partei habe sich angemeldet und sei mit dem Erhalt des Newsletter einverstanden gewesen, darlegungs- und beweisbelastet. Die Vorlage der Urkunden lässt nicht erkennen, dass die Bestellung / Anmeldung tatsächlich von der klagenden Partei stammt. Der angebotene Zeugenbeweis bezieht sich nicht auf die bestrittene Behauptung der beklagten Partei, die klagende Partei habe sich angemeldet. Die beklagte Partei hat daher zumindest ihrer Beweislastverpflichtung nicht genügt.
c.
Die beklagte Partei kann sich nicht darauf berufen, die klagende Partei habe sich durch Anklicken eines Links selbst austragen können, sodass der klagenden Partei keine Newsletter zugesandt worden wären. Die Einräumung der Möglichkeit, die Zusendung weiterer E-Mails durch Anklicken zu unterbinden, reicht nicht aus, zumal unklar bleibt, welche (weiteren) Wirkungen und Folgen sich aus dem Anklicken ergeben. Außerdem ist die klagende Partei nicht verpflichtet nach entsprechendem Zeitaufwand durch Lesen der E-Mail und sodann durch Starten eines Abmeldevorgangs aktiv zu werden. Es kam daher nicht darauf an, ob die klagende Partei die E-Mail überhaupt gelesen hat.
D.
Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr besteht. Der Verstoß der beklagten Partei begründet die tatsächliche Vermutung für seine Wiederholung. Die durch einen bereits begangenen Verstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist von der beklagten Partei zu widerlegen, wobei an den Nachweis des Entfallens der Wiederholungsgefahr hohe Anforderungen zu stellen sind. Die durch einen bereits begangenen Verstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr hätte nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wurde unstreitig, auch im Rechtsstreit, nicht abgegeben. Eines Hinweises des Gerichts bedurfte es nicht, denn allein durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens würde die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, solange damit nicht jede Wahrscheinlichkeit dafür beseitigt ist, dass die beklagte Partei erneut ähnliche Rechtsverletzungen begeht. Hierzu hat die beklagte Partei nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Demnach ist die Wiederholungsgefahr selbst dann nicht entfallen, wenn die beklagte Partei die Daten gelöscht hätte.
E.
Die klagende Partei ist nicht zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet.
F.
Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist nicht wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen. Die beklagte Partei hat nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs vorwiegend dazu dient, gegen die beklagte Partei einen Anspruch der dabei entstehenden Rechtsverfolgungskosten geltend zu machen. Die beklagte Partei hat nicht ausreichend dargetan wie häufig und vor allem aus welchem Grund und in welcher Art und Weise die klagende Partei bislang gegen vergleichbare Beeinträchtigungen vorgegangen ist. Dass die Prozessbevollmächtigten der beklagten Partei eine weitere Partei vertreten, welche von der klagenden Partei wegen eines identischen Sachverhalts in Anspruch genommen worden ist, rechtfertigt die Annahme nicht, dass die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs vorwiegend dazu dient, gegen die beklagte Partei einen Anspruch der dabei entstehenden Rechtsverfolgungskosten geltend zu machen. Der Rückschluss auf ein reines Gebührenerzielungsinteresse ist vorliegend daher nicht möglich.
G.
Der Anspruch der klagenden Partei ist nicht auf die E-Mail-Adresse(n) der klagenden Partei beschränkt, an die die beklagte Partei bislang bereits E-Mails versandt hat. Der Unterlassungsanspruch umfasst nicht nur die konkrete Verletzungshandlung, sondern auch im Kern gleichartige Handlungen.
II.
Der klagenden Partei steht ein Anspruch auf Auskunft nicht zu. Es wäre Sache der klagenden Partei gewesen, die Voraussetzungen des mit dem Klagantrag Ziffer 1 b geltend gemachten Anspruchs substantiiert darzulegen. Dies ist nicht geschehen.
III.
Es besteht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Abmahnung unter dem Gesichtspunkt des deliktsrechtlichen Schadenersatzes aus § 823 BGB, jedenfalls aber aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Die beklagte Partei hat wie festgestellt rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht und den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der klagenden Partei, Rechtsanwaltskanzlei, eingegriffen. Der klagenden Partei stand gegenüber der beklagten Partei zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zu und die Abmahnung entsprach dem wirklichen bzw. mutmaßlichen Interesse der beklagten Partei. Die berechtigte Abmahnung gereicht der beklagten Partei zum Vorteil, weil die klagende Partei, statt sofort Klage zu erheben, der beklagten Partei die Möglichkeit gab, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden. Die Abmahnung entsprach daher dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der beklagten Partei. Die beklagte Partei handelte fahrlässig und musste mangels ausreichender Absenderüberprüfungen damit rechnen, dass die klagende Partei nicht mit der Zusendung der Werbung einverstanden war. Die beklagte Partei hat keinen Vortrag gehalten zur Frage, ob und inwieweit die persönlichen Daten überprüft wurden, um eine Fehlzusendung oder die Anmeldung durch unbefugte Dritte zu vermeiden. Aufwendungen für eine Abmahnung sind von der beklagten Partei nur zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Das gilt auch hinsichtlich der Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Auszugehen ist dabei von dem mutmaßlichen Willen der beklagten Partei, die Aufwendungen für eine Abmahnung möglichst niedrig zu halten. Entsprechende Erwägungen sind für die Entscheidung der Frage maßgeblich, ob die Gebühren des abmahnenden Rechtsanwalts als eigener Schaden zu erstatten sind. Die Abmahnkosten sind nur in der Höhe zu ersetzen, in der die klagende Partei die Kosten den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Die Feststellung, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Verfolgung des Rechtsverstoßes nicht als notwendig anzusehen ist und deshalb auch nicht dem mutmaßlichen Willen der beklagten Partei entspricht, steht zwar nicht von vornherein der Beurteilung entgegen, dass die entstandenen Kosten ein aus der Verletzungshandlung herrührender adäquater Schaden sind. Auch unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten ist danach zu fragen, ob die eingesetzte Maßnahme - hier die Selbstbeauftragung - zur Schadensbeseitigung bei diesem Sachverhalt erforderlich war. Auch wenn es sich um ein die klagende Partei schädigendes schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei handelte, muss doch die Einschaltung eines Rechtsanwalts von der Sache her erforderlich sein. Dass die klagende Partei gegebenenfalls wie gegebenenfalls in allen anderen eigenen Fällen Abmahnungen auf der Grundlage von Textbausteinen versandt hat, steht dem Anspruch nicht entgegen. Allein die zeitliche Inanspruchnahme durch die Schadensbearbeitung kann allerdings nicht ausreichen, um die Erstattungsfähigkeit der Kosten aus der Beauftragung des Rechtsanwalts zu begründen. Es ist vielmehr jeweils zu prüfen, ob die klagende Partei als Geschädigter im einzelnen Schadensfall die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten durfte. Der Anwendungsbereich der Vorschriften hinsichtlich unerlaubter E-Mails sowie die entsprechende Rechtsprechung gehört, wie sich aus den Schriftsätzen ergibt, ganz offensichtlich zur Sachkunde der abmahnenden klagenden Partei und wirft auch vorliegend keine schwierigen Rechtsfragen auf. Allerdings gehört die anwaltliche Tätigkeit in eigener Sache nicht zu den originären Aufgaben eines Rechtsanwalts, sodass es nicht zu beanstanden ist, wenn ein Rechtsanwalt, der sich selbst vertritt, einen Anspruch auf Kostenerstattung wie ein bevollmächtigter Rechtsanwalt hat. Unter Berücksichtigung des in diesem Fall angemessenen Gegenstandswertes von Euro 3000.00 stehen der klagenden Partei daher Euro 316,18 zu. Die Nebenforderung rechtfertigt sich aus Verzug.
IV.
Die Nebenforderung des Zinsschadens rechtfertigt sich - anteilig - als Schadenersatz aus Verzug.
V.
Der Klage war daher teilweise stattzugeben, teilweise war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, 711, 108 ZPO.
Bei der Streitwertfestsetzung hat das Gericht das Interesse der klagenden Partei in diesem Einzelfall berücksichtigt.

Strothe
Richter am AG

LG Heidelberg, Urteil vom 23.09.2009, 1 S 15/09

Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung und Auskunft nach Zusendung einer unerwünschten E-Mail mit Werbung. Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 10.03.2009 bezüglich des Unterlassungsanspruchs stattgegeben, den Auskunftsanspruch allerdings nicht zuerkannt. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger, Rechtsanwalt, handele rechtsmissbräuchlich, füge er seiner vorprozessualen Mahnung, mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nach Erhalt einer unerwünschten E-Mail mit Werbung gleichzeitig eine Kostennote bei, obgleich der Bundesgerichtshof in vergleichbaren Fällen entschieden habe, dass die Selbstvertretung des Rechtsanwaltes in ähnlich gelagerten Routinefällen zu keinem Kostenerstattungsanspruch führe. Rechtsmissbräuchlichkeit dieses Kostenerstattungsbegehrens ergreife auch den geltend gemachten Unterlassungs- sowie Auskunftsanspruch.

Die Beklagte beantragt
das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg - 27 C 488/08 - vom 10.03.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Berufung zurückzuweisen und stellt mit seiner Anschlussberufung den Antrag, das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 10.03.2009 - 27 C 488/08 - im Kostenpunkt aufzuheben und zusätzlich zu den bereits unter Tenor Ziffer 1 bis 3 des amtsgerichtlichen Urteils zugesprochenen Anträgen die Beklagte weiterhin dazu zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Daten zu seiner Person bei ihrem Unternehmen gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, welcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt wird und an welche Personen oder Stellen diese Daten regelmäßig übermittelt werden.
Die Beklagte beantragt
die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt zu seiner Anschlussberufung vor, der Auskunftsanspruch beruhe auf § 34 BDSG. Zu den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sei eine nähere Darlegung angesichts des beiderseitigen Parteivortrags nicht notwendig gewesen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bei Geltendmachung vorgerichtlicher Anwaltskosten für die Tätigkeit in eigener Sache läge nicht vor. Die von dem Bundesgerichtshof hierzu entschiedenen Fälle seien dem Vorliegenden nicht vergleichbar.

Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig, in der Sache hat die Anschlussberufung Erfolg, wohingegen die Berufung zurückzuweisen war.

1. Aus den zutreffenden Gründen, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat das Amtsgericht entschieden, dass es der Beklagten untersagt ist, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger Kontakt per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass die ausdrückliche Einwilligung des Klägers vorliegt. Bereits die einmalige unverlangte Zusendung einer E-Mail mit Werbung stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Klägers im eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, dem die E-Mail an seine Geschäftsadresse zugeschickt worden war. Der Kläger hat einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, denn unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung beeinträchtigt regelmäßig den Betriebsablauf des Unternehmens. Mit dem Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails ist ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden. Zudem können, soweit kein festes Entgelt vereinbart ist, zusätzliche Kosten für die Herstellung der Online-Verbindung und die Übermittlung der E-Mail durch den Provider anfallen. Die Zusatzkosten für den Abruf der einzelnen E-Mails können zwar gering sein. Auch der Arbeitsaufwand für das Aussortieren einer E-Mail kann sich in engen Grenzen halten, wenn sich bereits aus dem Betreff entnehmen lässt, dass es sich um Werbung handelt. Anders fällt die Beurteilung aber aus, wenn es sich um eine größere Zahl unerbetener E-Mails handelt oder wenn der Empfänger der E-Mail ausdrücklich dem weiteren Erhalt von E-Mails widersprechen muss (BGH I ZR 218/07, Beschluss vom 20.05.2009). Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers ist auch rechtswidrig. Jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des Adressaten ist eine unzumutbare Belästigung. Eine vorherige ausdrückliche Einwilligung kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit die Beklagte, die, worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat, mit ihrem Zeugenbeweisangebot in erster Instanz nicht nachweisen kann, dass diese Anmeldung tatsächlich vom Kläger, keinem unbefugten Dritten herrührt.
2. Der Kläger hat darüber hinaus auch einen Auskunftsanspruch nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDSG betreffend solcher Personen und Stellen, die Daten über seine Person schon einmal erhalten haben und diese nach den Anschlussbedingungen auch in Zukunft erhalten sollen oder selbst abrufen können. Die Beklagte gehört zu den nicht öffentlichen Stellen, die geschäftsmäßig Daten für fremde Zwecke verarbeiten; für sie gelten gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BDSG die §§ 32 bis 35 BDSG. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 BDSG kann der Betroffene, wenn die über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten automatisch verarbeitet werden, von der speichernden Stelle Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, über Empfänger, an die Daten weitergegeben wurden und den Zweck der Speicherung informieren. Daneben hat er einen Auskunftsanspruch über Personen und Stellen, an die "seine" Daten übermittelt werden (BGHZ 89, 218). Soweit der Kläger Auskunft über personenbezogene Daten verlangt, die regelmäßig übermittelt werden, besteht sein Anspruch nicht. Der Auskunftsanspruch nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDSG erstreckt sich schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht auf die Benennung aller Stellen, denen personenbezogene Daten regelmäßig übermittelt werden, sondern nur auf die Mitteilung derjenigen Stellen und Personen, denen die Daten des Betroffenen übermittelt worden sind (BGH Beschl. vom 15.12.1993, III ZR 187/82).
3. Des Weiteren steht dem Kläger ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu.
a) Die unerwünschte E-Mail-Werbung griff rechtswidrig in den eingerichteten und ausgeübten Werbebetrieb des Klägers ein (vergleiche im einzelnen oben unter II Ziff. 1) und erfolgte auch schuldhaft, jedenfalls fahrlässig (§276 Abs. 2 BGB). Die Beklagte bediente sich bei der Zusendung ihres Newsletters des sogenannten "Opt-In-Verfahrens" und verließ sich dabei darauf, dass die Kontaktdaten zur Anmeldung tatsächlich von dem Kläger zugesandt wurden. Zwar erhielt der Kläger im Rahmen des sogenannten "Confirmed-Opt-In-Verfahren" zunächst eine E-Mail zugeschickt, in der er auf das getätigte Abonnement hingewiesen wurde und die Möglichkeit erhielt, das Abonnement sofort wieder zu beenden. Hierzu bedurfte es aber einer Handlung des Klägers. Dazu war er nicht verpflichtet. Der Beklagten hätte auch die Möglichkeit offen gestanden, das sogenannte "DoubleOpt-In-Verfahren" zu wählen, bei der der Eintrag in einer Abonnentenliste in einem zweiten Schritt von dem Kunden erst noch bestätigt werden muss. Wäre bei diesem Verfahren die Erstbestellung missbräuchlich erfolgt, könnte der unfreiwillige Abonnementkandidat sich vor einem Eintrag in die Abonnenten-Liste schützen, indem er auf die Bestätigungsanfrage nicht reagiert. Eine Registrierung beim "Double-Opt-In-Verfahren" wird erst dann wirksam, wenn sie bestätigt wird. Dieses Verfahren hat die Beklagte auf eigenes Risiko nicht gewählt. Dabei hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen, denn mit dem von ihr gewählten Verfahren des "Confirmed-Opt-In" konnte sie nicht ausschließen, dass es, wie vorliegend klägerseits geltend gemacht, zu missbräuchlichen Eintragungen kam.
b) Ein Schädiger hat nach ständiger Rechtsprechung diejenigen durch ein Schadensereignis verursachten Anwaltskosten zu tragen, die aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind. Daran fehlt es im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung vom 12.12.2006 ausgeführt, dass auch außerhalb der Anwendbarkeit des § 8 UWG, der vorliegend mangels Konkurrenzsituation der Parteien nicht einschlägig ist, vergleichbare Grundsätze des Wettbewerbsrechts bestehen. Danach kann aus Sicht des Geschädigten in einem einfach gelagerten Schadensfall die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar sein, dass ein Schädiger ohne Weiteres seine Ersatzpflicht nachkommen werde, dass es im Allgemeinen auch nach der ständigen Rechtsprechung des BGH aus Sicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung nicht erforderlich wäre, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. In diesen einfach gelagerten Fällen ist der Geschädigte grundsätzlich gehalten, den Schaden zunächst selbst geltend zu machen. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte selbst über eine eigene Fachkenntnis und Erfahrungen zur Abwicklung des konkreten Schadensfalls verfüge. Dieses Wissen hat er besonders in den einfach gelagerten, aus seiner Sicht zweifelsfreien Fällen bei der erstmaligen Geltendmachung des Schadens einzusetzen. In dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wurde der Erstattungsanspruch des klägerischen Rechtsanwalts für Gebühren aus einem sich selbst erteilten Mandat für ein Abmahnschreiben verneint, da weder die Identität des Schädigers, noch die Widerrechtlichkeit des ohne Einwilligung erfolgten Anrufs zweifelhaft war. Das Abmahnschreiben hatte Erfolg, die strafbewehrte Unterlassungserklärung wurde vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abgegeben (BGH a.a.O.). Dieser Fall und auch der gleichfalls am 12. Dezember 2006 im Verfahren VI ZR 188/05 entschiedene Fall ist dem Vorliegenden aber nicht vergleichbar. In dem zuletzt genannten Fall des BGH hatte die Beklagte nach erfolgloser Abmahnung ein einstweiliges Verfügungsverfahren erwirkt. Der außergerichtlichen Aufforderung zur Vermeidung einer Hauptsacheklage, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen, war die Beklagte nachgekommen, hatte sich jedoch geweigert, die für dieses Abschlussschreiben geltend gemachten Anwaltsgebühren zu bezahlen. Zu einer Hauptsacheklage ist es nicht gekommen. Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung zu den nach § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung ausgeführt, die Selbstbeauftragung eines Anwalts könne dann nicht zu einem berechtigten Erstattungsanspruch führen, wenn der Abmahnende in typischer, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen über eigene hinreichende Sachkunde zur zweckentsprechenden Gerichtsverfolgung verfüge. Dies gelte außerhalb des Wettbewerbsrechts grundsätzlich dann, wenn in einem einfach gelagerten Schadensfall die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar sei, dass aus der maßgebenden Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel darin bestehen könne, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde. Während in der ersten Entscheidung des Bundesgerichtshofes das vorprozessuale Unterlassungsbegehren erfolgreich war, war es im letztgenannten Fall so, dass der Anwalt schon das Verfügungsverfahren selbst erfolgreich durchgeführt hatte. Lediglich in solchen einfach gelagerten Fällen bedurfte es nach Auffassung der Kammer nicht der Beauftragung eines anderen Anwalts, um möglicherweise vorhandene Unklarheiten abzuklären. Vorliegend war der Kläger gezwungen, ein gerichtliches Verfahren durchzuführen, bei dem sich die Beklagte u.a. damit verteidigte, im Rahmen des "Opt-In-Verfahrens" habe der Kläger seine Einwilligung in die Zusendung der Newsletter erteilt, es läge daher kein widerrechtlicher Eingriff in ein nach § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut vor (I 165 ff.).

Links So finden Sie mich Publikationen (Auswahl)
© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2012