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Tierkauf: Die Darlegungslast für den Tierkäufer zur Unternehmereigenschaft des Verkäufers

Das Amtsgericht Groß-Gerau hat mit Urteil vom 25.02.2011 entschieden, was ein Tierkäufer vortragen und ggf. beweisen muss, damit ein Züchter als Unternehmer angesehen werden kann, so dass das schärfere Recht des Verbrauchsgüterkaufes zur Geltung kommt.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde Die Parteien stritten um Schadensersatzansprüche aus einem Kaufvertrag. Die Klägerin erwarb von der Beklagten (einer Katzenzüchterin) eine Katze zum Preis von 450,- €. Ausweislich des Kaufvertrages versicherte die Beklagte der Klägerin, dass ihr keine Krankheiten des Liebhabertieres bekannt seien. Im Zeitpunkt der Übergabe hatte die Katze eine Augenentzündung. Die Beklagte wies die Klägerin hierauf auch hin und übergab ihr eine Antibiotika-Cortisonsalbe. In den Wochen nach der Übergabe verschlimmerte sich der Zustand der Katze, die Klägerin brachte die Katze mehrfach zu Tierärzten. In der Folge diagnostizierte die Tierärztin aufgrund der Blutergebnisse, dass die Symptome hochverdächtig für eine tödlich verlaufende FIP-Erkrankung seien. Später wurde diagnostiziert, dass das Vorliegen einer Felinen infektiösen Peritonitis wahrscheinlich sei. Aufgrund tierärztlicher Empfehlung entschloss sich die Klägerin schließlich dazu, die Katze einzuschläfern. Sodann forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises und zur Zahlung von Schadensersatz auf. Als Schaden wurde hierbei die Summe von 13 Tierarztrechnungen in Höhe von insgesamt 1804,33 € geltend gemacht.

Die Klägerin behauptete, bei der Augenentzündung handele es sich bereits um die ersten Symptome der tödlichen Infektionskrankheit FIP. Folglich habe die Katze bereits im Zeitpunkt der Übergabe an FIP gelitten. Sie machte weiter geltend, die Beklagte verkaufe nicht nur gelegentlich Katzen und verweist hierfür insbesondere auf den Internetauftritt der Beklagten. Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte sei letztlich als Unternehmerin i. S. d. § 14 BGB zu qualifizieren, so dass ihr die Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB zugutekomme. Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs sei eine Nachfristsetzung gemäß § 326 Abs. BGB entbehrlich, es sich bei dem Liebhabertier um eine nicht vertretbare Sache i. S. d. § 91 BGB handele.

Die Beklagte bestritt, dass die Katze an der tödlich verlaufenden Infektionskrankheit FIP gelitten habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre selbige auf die schlechten hygienischen Zustände bei der Klägerin zurückzuführen. Die Beklagte war der Ansicht, durch die Einschläferung der Katze ohne Autopsie habe die Klägerin eine Beweisvereitelung begangen.

Das Amtsgericht hat die Klage rechtskräftig abgewiesen. Begründet wurde dies wie folgt:

Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises oder auf Schadensersatz (die gemäß § 325 BGB grundsätzlich kumulativ geltend gemacht werden können) setzen gemäß §§ 434, 437 BGB voraus, dass der Kaufgegenstand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs frei von Sachmängel ist.

Zunächst hatte das Gericht Zweifel, ob das Vorliegen eines Mangels ausreichend dargelegt worden ist. Nach den seitens der Klägerin vorgelegten ärztlichen Untersuchungsberichten war es lediglich wahrscheinlich, stand jedoch keinesfalls fest, dass die Katze an der Infektionskrankheit FIP litt. Auf eine Beweisaufnahme hinsichtlich der Frage des Mangels verzichtete das Gericht aus zweierlei Gründen. Zum einen behauptete keine der Parteien, dass eine abschließende Beurteilung dieser Frage - sei es im Wege der Zeugenvernehmung oder durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens - noch möglich sei, nachdem das Tier am 30.09.2009 eingeschläfert wurde und eine Autopsie unterblieb.

Zum anderen kam es auf das Vorliegen eines Mangels auch nicht entscheidend an. Jedenfalls konnte die Klägerin nicht beweisen, dass die Katze zum maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits infiziert und daher mangelhaft im Rechtssinne war und sich nicht später infizierte.

Insbesondere kam der Klägerin nicht die Beweislastumkehr des § 476 BGB [ a.F. (§ 477 BGB n.F.) ] zugute. Nach § 476 BGB wird vermutet, dass eine Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Mangel zeigt, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Derjenige, der sich auf diese ihm günstige Beweislastumkehr beruft, muss darlegen und beweisen, dass die für die Anwendung dieser Vorschrift erforderlichen Voraussetzungen des Verbrauchsgüterkaufs nach § 474 BGB erfüllt sind. Ein solcher Verbrauchsgüterkauf setzt voraus, dass ein Verbraucher i. S. d. § 13 BGB von einem Unternehmer i. S. d. § 14 BGB eine bewegliche Sache kauft.

Die Klägerin hat das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs jedenfalls im Hinblick auf die Einordnung der Beklagten als Unternehmerin i. S. d. § 14 BGB nicht hinreichend dargetan. Die Unternehmereigenschaft des § 14 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass eine Person bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit in diesem Sinne erfordert jedenfalls ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erheblich ist. Der Vortrag der Klägerin war nicht hinreichend, um eine auf eine gewisse Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten im Bereich des Katzenhandels zu belegen. Insbesondere reichte der Verweis der Klägerin auf den Internetauftritt der Beklagten zum Nachweis der Unternehmenseigenschaft nicht aus, da die Beklagte dort selbst ihre Tätigkeit als kleine Hobbyzucht angab. Hierdurch wird nicht bestätigt, dass die Beklagte regelmäßig Tiere aus der Zucht zum Verkauf anbietet. Auch aus dem Umstand heraus, dass die Beklagte vorformulierte Verträge benutzt, kann noch nicht auf eine Unternehmereigenschaft geschlossen werden, da vorformulierte Verträge häufig auch bei Kaufverträgen zwischen Verbrauchern benutzt werden, was insbesondere aus dem privaten Pkw-Handel allgemein bekannt ist. Dass die Beklagte Katzen aus ihrer Zucht rege verkauft wurde schließlich seitens der Klägerin nur allgemein behauptet, nicht jedoch substantiiert dargelegt.

AG Groß-Gerau, 63 C 122/10, Urteil vom 25.02.2011

© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2012