Sie sind hier: Aktuelles

Hufbeschlag

Der vorliegende Artikel versucht einen überblick über die Haftung von Hufschmieden zu geben. Es bleibt aber darauf hinzuweisen, dass hier die Umstände des Einzelfalls und deren Nachweisbarkeit von entscheidender Bedeutung sind.
Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.

Gewährleistung und Haftung des Hufschmieds

Der Hufbeschlag ist harte körperliche Arbeit, Fehler können leicht passieren, denn nicht nur der Hufschmied stellt eine theoretische Fehlerquelle dar. Auch die Pferde und nicht zuletzt deren Eigentümer tragen oft zu negativen Folgen eines Beschlages bei. Die Pferde sind in der Regel störrisch, neugierig, unruhig, aufgeregt oder schreckhaft und halten nicht einfach still, sondern ziehen ständig den Huf weg, legen sich auf das in Arbeit befindliche Bein oder tänzeln herum. Der Eigentümer hat nicht selten sonderbare Vorstellungen, wie sein Pferd versorgt werden soll und der Hufschmied hat mit den Folgen langer Arbeitstage in der Regel ohne Wochenende oder Feiertage und einer ungesunden Körperhaltung beim Beschlagen zu tun.
Trotzdem wird von dem Schmied äußerste Genauigkeit erwartet. Der Hufnagel darf nur durch das Horn getrieben werden, da eine Verletzung des direkt dahinter liegenden innwändigen sensiblen Bereiches, des sogenannten Lebens, fatale Folgen haben kann.
Dem wird rechtlich zunächst dadurch Rechnung getragen, dass der Beschlag als Werkvertrag einzustufen ist, der Hufschmied also einen Erfolg schuldet.
Eine Haftung des Hufschmiedes wird vor allem dann in Betracht gezogen, wenn ein Pferd nach dem Beschlagen lahmt.
Häufige Beispiele sind unmittelbare Verletzungen durch Vernageln oder zu kurzes Ausschneiden der Hufe, die zu einer sofort sichtbaren Lahmheit des Pferdes führen, weil der Strahl verletzt wird oder der Strahl beim Auffußen auf dem Boden reibt, aber auch eine Vielzahl von Fehlern beim Hufbeschlag, die sich erst später negativ auswirken, wie zum Beispiel die falsche Stellung des Hufes.
Auch kann es passieren, dass das Pferd einfach krumm gestellt wird, insbesondere wenn der Schmied nur handwerklich begabt ist – nur gut nageln kann, aber für die Bedürfnisse des Pferdes kein Gespür hat. Dies hat ebenfalls meist Lahmheit der betroffenen Pferde zur Folge. Eine offensichtliche Fehlleistung ist der zu kurz geschnittene Huf. Dies ist auch leider einer der folgenschwersten Fehler. Denn wenn der Huf zu sehr gekürzt wird, ist kein ausreichender Schutz mehr gegeben, der Druck beim Auffußen wird auf den sensiblen Strahl übertragen und das Pferd hat Schmerzen beim Auftreten, kann also im schlimmsten Fall weder normal geritten noch sonst bewegt werden, was wiederum schwere Gesundheitsschäden hervorrufen kann.
In der Praxis kommen aber auch andere Fälle vor. So hat ein Pferdeeigentümer den Hufschmied auf Schadenersatz verklagt, weil das Pferd nach einem Unfall aufgrund falscher Stollen nicht mehr mit demselben Vertrauen sprang wie vorher. Das Spektrum der Fälle geht demnach über die Lahmheiten hinaus.
Bei der Geltendmachung von Schadenersatzpflichten muss der Anspruchsteller vor allem darauf achten, dass er von vornherein den Ursachenzusammenhang zwischen dem nicht fachgerechten Beschlag und der Lahmheit oder den jeweiligen anderen Folgen darlegen und auch beweisen kann. Gerade dazu muss sich der Pferdebesitzer möglichst frühzeitig eine eindeutige ärztliche Stellungnahme einholen.

Mangelbeseitigung

Im Fall eines Mangels muss der Eigentümer vom Schmied zunächst die Mängelbeseitigung verlangen.
Hierfür sollte man eine Frist setzen und androhen, dass nach fruchtlosem Fristablauf die Nacherfüllung abgelehnt wird. Wie lange die Frist sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Der präsente Hufschmied muss dringende Korrekturen sofort vornehmen. In Notfällen kann auf eine Fristsetzung auch verzichtet werden. In der Regel ist maximal von wenigen Tagen auszugehen, da das Pferd ansonsten stehen muss, was zu weiteren Risiken (Koliken und Muskelabbau) führen kann.
Nun ist zum Einen an einem zu kurz geschnittenen Huf nicht mehr viel zu retten. Das abgeschnittene Horn muss erst wieder langsam nachwachsen. Zum Anderen verliert der Eigentümer bei einem solchen einschneidenden Fehler schnell jegliches Vertrauen in das Können des Hufschmiedes. Es kann daher in gravierenden Fällen davon ausgegangen werden, dass besondere Umstände im Sinne des Gesetzes vorliegen, die den sofortigen – also ohne vorherige Fristsetzung möglichen – Rücktritt bzw. die sofortige Minderung rechtfertigen.
Andererseits kann in einem solchen Fall manchmal ein Hufbeschlag den Mangel beheben oder abmildern, da durch Hufeisen eine gleichmäßige Druckverteilung auf die gesamte Oberfläche des Hufeisens erfolgt und der Huf um die Dicke des Eisens angehoben wird, so dass der Boden nicht direkt auf den Strahl drückt. Sollte das nicht reichen, kann zwischen Hufeisen und Huf ein Polster oder um den Huf ein Hufschuh angebracht werden.
Alle diese Nachbesserungen hat der Pferdeeigentümer dann aber nicht zu bezahlen. Der Pferdeeigentümer bezahlt lediglich das Beschneiden der Hufe, das er in Auftrag gegeben hat. Der zusätzliche Aufwand geht zu Lasten des Hufschmiedes, der eine Schlechtleistung erbracht hat. Wenn der Hufschmied innerhalb der gesetzten Frist den Mangel nicht behoben hat, kann der Pferdeeigentümer die Mangelbeseitigung nach Fristablauf ablehnen und einen anderen Hufschmied beauftragen. Die dadurch entstehenden Kosten kann der Pferdeeigentümer von dem verursachenden Hufschmied zurückverlangen.
Problematisch sind die Fälle, in denen ein Pferd nach dem Hufbeschlag „klamm“ geht, denn dies kann viele Gründe haben. Vollblüter haben eine dünnere Hufsohle und eine dünnere Hufwand als der durchschnittliche Warmblüter. Das führt selbst bei zu starkem Aufbrennen dazu, dass der Druck des Eisens bis auf den sensiblen Bereich durchdringt.
Möglich ist auch, dass ein Nagel zu dicht „am“ aber nicht „im Leben“ sitzt, so dass das Pferd zwar nicht den Huf sofort zurückzieht und auch anschließend nicht lahmt, aber sich der von dem Nagel ausgehende Druck auf den empfindlichen Innenhuf überträgt und das Pferd nicht mehr klar geht. Auch darin sind Mängel des Hufbeschlages zu sehen.
Wenn sich ein Hufschmied vernagelt oder zu eng am Leben genagelt hat, so dass sich im Innenhuf eine Entzündung bildet, kann das zu schwerwiegenden Folgen führen. Eine Verletzung im Innenhuf ist nur schwer zu behandeln und kann sich dort auch leicht verkapseln. Hier haftet der Schmied nicht nur für die Tierarztkosten, sondern – falls das Pferd eingeht – auch auf Wertersatz.
Keine Haftung besteht hinsichtlich der Einstellkosten während der Genesung sowie für die „entgangene Lebensfreude“ des Eigentümers, weil er sein Pferd nicht reiten konnte. Die Rechtsprechung sieht in den Einstellkosten sogenannte „Sowieso- /Ehdo-Kosten“, die in jedem Fall entstanden wären (im Dialekt „eh do“) wären, unabhängig davon, ob das Pferd gesund oder krank ist. Der Eigentümer hätte das Pferd in jedem Fall unterhalten müssen. Hinsichtlich des Nutzungsausfalles stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob es sich um Sachen handelt, auf deren ständige Verfügbarkeit der Berechtigte für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Ist das der Fall, besteht ein erstattungsfähiger Vermögensschaden. Das bedeutet, dass der Verdienstausfallschaden bei einem gewerblichen vermieteten Pferd während der Krankheit zu erstatten ist, nicht jedoch der entgangene Spaß bei einem privat genutzten Pferd.

Schadenersatz

Dem Pferdeeigentümer steht aus dem Vertragsverhältnis mit dem Hufschmied ein Anspruch auf Ersatz des durch einen fehlerhaften Beschlag eines Pferdes entstandenen Schadens in Form der Kosten für tierärztliche Behandlung, Medikamente und Röntgenaufnahmen zu. Kein für eine Schadenersatzpflicht ausreichender Zusammenhang besteht aber zwischen einer fehlerhaften Durchführung des Hufbeschlages und deshalb erforderlichen Stallruhe und einer in dieser Zeit erlittenen Kolik des Pferdes.
Wenn es nach einem Vernageln durch den Hufschmied zu Lahmheit des Pferdes kommt, dann kann es trotzdem geboten sein, die Ursachen der Lahmheit im gerichtlichen Verfahren durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären. Der Pferdeeigentümer trägt die Beweislast dafür, dass eine Pflichtverletzung des Hufschmieds zu dem behaupteten Schaden geführt hat.

Verschulden

Der Hufschmied hat das Vernageln (Setzen eines Nagels in das Leben) beim Beschlag immer zu vertreten, wenn nicht der Huf Besonderheiten aufweist. Solche Besonderheiten können sein:
- abgelaufene Hufe,
- ausgebrochene oder sehr dünne und steile Hornwände,
- hohe oder lose Wand und Wandfäule.
Wenn sich der Hufschmied auf einen Materialfehler, z.B. des Nagels beruft, dann muss er diesen beweisen. Denn der Schuldner trägt die Beweislast, wenn ihm entweder objektiv eine Pflichtverletzung zu Last fällt oder die Schadensursache aus seinem Verantwortungsbereich hervorgegangen ist.
Die Haftung des Hufschmieds nach einem Vernageln erstreckt sich aber nicht auf Kosten, die dadurch entstanden sind, dass das Pferd über einen langen Zeitraum entgegen den Regeln der Schulmedizin grob fehlerhaft behandelt wurde.
Für die Verletzung eines Pferdes beim Beschlagen haftet der Hufschmied nur dann, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. So gut wie immer ist es ausreichend, dass der Hufschmied eine Hilfsperson zum Aufhalten des Pferdes hinzuzieht. Weitere zusätzliche Maßnahmen wie Nasenbremse oder Sedierungl sind nur erforderlich, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass es beim Beschlagen zu Komplikationen kommen könnte, wie z.B. bei einem deutlich unruhigen und hin und her tänzelnden Pferd.
Der Hufschmied, der aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Eigentümers ein nerviges Pferd ohne solche zusätzlichen Maßnahmen beschlägt, arbeitet zwar unter erhöhtem Risiko. Dieses allein genügt jedoch nicht, ihn von seiner Verantwortlichkeit für eine ordnungsgemäße Arbeit vollständig zu entheben. Es ist allenfalls eine Mitschuld des Pferdeeigentümers zu berücksichtigen.
In einem solchen Fall ist dem Hufschmied nur zu raten, entweder das Pferd nicht zu beschlagen, oder einen schriftlichen Haftungsausschluss zu vereinbaren. Der Schmied muss den Pferdeeigentümer ausdrücklich (aus Beweisgründen schriftlich) darauf hinweisen, dass er unter diesen Umständen nicht ordnungsgemäß arbeiten kann und folglich auch keine Verantwortung für seine Arbeit übernehmen kann.
ähnlich ist der Fall, dass dem Schmied ein Pferd mit völlig ausgefranstem Hufen vorgestellt wird. Hier ist so gut wie kein Platz mehr zum Nageln vorhanden, aber der Eigentümer besteht darauf, dass das Pferd beschlagen wird, da es am Wochenende auf einem Ausritt oder Turnier eingesetzt werden soll. Auch in einem solchen Fall kann sich der Schmied nur durch einen entsprechenden Haftungsausschluss davon freizeichnen, ggf. für ein Vernageln haften zu müssen. Im Falle der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen kann sich der Hufschmied aufgrund seiner handwerklichen Erfahrung nämlich nicht darauf berufen, dass das Pferd anders nicht zu beschlagen war.
Falls tatsächlich keine Möglichkeit bestand, einen Nagel im Hufhornbereich zu setzen, hätte der Hufschmied den Auftrag ablehnen müssen.

Langfristige Mangelfolgen

Der zweite Bereich der Schlechterfüllung von Hufbeschlagsarbeiten liegt fast völlig im Dunkeln, schon allein deshalb, weil er so gut wie nie erkannt wird.
Hier sind Fehler wie die Verursachung von Fehlstellungen, Veränderung der Hufform oder Beeinträchtigung des Hufmechanismus einzuordnen.
Jeder Pferdehuf hat seine eigene Form, jedes Pferd seinen eigenen Bewegungsablauf. Ein perfekter Beschlag sollte beides beachten.
Wenn aber der Hufschmied, damit sich das Pferd kein Eisen heruntertritt, die Eisen immer zu eng und zu kurz anlegt, führt das auf die Dauer dazu, dass der Huf ebenfalls immer enger wird, weil der über das Hufeisen herauswachsende Teil des Hufes leicht abbricht. Dies gilt auch, wenn das Hufeisen nicht mittig unter der Hufachse angebracht ist. Die entstehende Gewichtsverlagerung wirkt sich unnatürlich und einseitig auf die Bewegung des Pferdes aus. Eine Fehlstellung führt dazu, dass die natürliche Balance gestört wird. Das kann zu Sehnen- oder Gelenksverletzungen führen, für die der Hufschmied grundsätzlich zur Verantwortung gezogen werden könnte.
Da derartige Folgen meist nur bei entsprechender Benutzung des Pferdes auftreten, lässt sich im Nachhinein nur in den wenigsten Fällen nachweisen, dass der fehlerhafte Hufbeschlag alleinoder mitursächlich ist. Nur in der berühmten Ausnahme von der Regel kann ein Gutachter bestätigen, dass es sich nicht um eine genetische Schwäche des Pferdes, Altersfolgen oder leistungsbedingten Verschleiß handelt.
Zur Klärung dieser Frage kommen dann nur aufwendige und damit teure Gutachten in Betracht. Allerdings durchaus nicht immer mit den erwünschten Erfolg.

Randbemerkungen

In heutiger Zeit kommt immer mehr der eisenlose Beschlag, also in der Regel ein geklebter oder eingegossener Kunststoffbeschlag, in Mode.
Hierfür gibt es neuerdings neben dem klassischen Hufschmied sogenannte Hufpfleger oder Huftherapeuten. Diese Berufsbezeichnungen sind allerdings nicht rechtlich geschützt. Es bleibt also jedem Pferdeeigentümer selbst überlassen, die Qualität der Arbeit des Hufpflegers/Huftherapeuten zu beurteilen.
Hier wie auch beim Beschlagen wird immer mehr auf die richtige bzw. korrigierende Hufstellung geachtet. Das passende bzw. korrigierende Eisen, Kunststoffbesohlung oder ähnliches sind hierbei nur der zweite Schritt.
Bei Freizeit- und Westernreitern mit Pferden, die harte Hufe haben wird häufig gar nicht mehr Beschlagen, sondern nur die Hufe beschnitten.
Aber auch dies birgt Risiken. Denn es gibt Böden, auf denen Pferde auf Dauer nur mit Eisen gehen können, feiner Sand beispielsweise wirkt an Pferdehufen wie Schmirgelpapier.
Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass die Entscheidung ob und wie beschlagen wird, jeder Pferdebesitzer für sich und sein Pferd jedes Mal neu treffen muss.
Passiert dann allerdings etwas ungewolltes ist der Besitzer nicht unbedingt schutzlos. Abzuwägen bleibt allerdings ab welcher Mangelschwelle welche Gegenmaßnahmen adäquat sind.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf nicht unerheblichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2011