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Die Mitgliederversammlung ist nicht immer zuständig

Das Amtsgericht Landau a.d. Isar hat mit Urteil vom 31.08.2011 über eine vereinsinterne Querele zu Gunsten des klagenden Vereinsmitgliedes entschieden.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass der Beschluss der außerordentlichen Mitgliederversammlung des beklagten Vereins bezüglich des Ausschlusses des Klägers unwirksam ist. Er ist seit 2008 Mitglied des Beklagten und seit 2009 Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand. Zwischen dem Kläger und dem Präsidenten des Beklagten war es im Verlauf des Jahres 2010 zu einem kontrovers geführten Schriftwechsel zu verschiedenen Belangen des Vereins gekommen. Im August erhielt der Kläger per E-Mail ein Schreiben des Präsidenten. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass Anträge auf Vereinsausschluss gegen ihn vorliegen, zu denen ihm rechtliches Gehör erteilt werde. Mit einem weiteren Schreiben des Präsidenten, gerichtet an die Mitglieder des Beklagten, wurden diese zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingeladen. Darin wurde unter TOP 3 die Abwahl des Klägers als Beisitzer und unter TOP 4 dessen Vereinsausschluss angekündigt. Der Kläger nahm an der Mitgliederversammlung nicht teil. Mit einem offenen Brief nahm der Kläger Stellung zu den Anträgen auf Vereinsausschluss. Die außerordentliche Mitgliederversammlung stimmte einstimmig für den Vereinsausschluss des Klägers.

In § 23 Ziffer 5 f) der Satzung des Beklagten ist geregelt, dass der Ehrenrat über den Ausschluss auf Zeit oder Dauer entscheidet. In § 8 der Satzung ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Mitglied ausgeschlossen werden kann.

Einen Monat vor der Versammlung und kurz vor der Gehörgewährung durch den Präsidenten hatte der Ehrenratsvorsitzende allerdings das Amt niedergelegt. Erst in der Versammlung wurde ein neuer Vorsitzender von der Mitgliederversammlung gewählt.

Der Beschluss der Mitgliederversammlung bezüglich des Vereinsausschlusses des Klägers ist unwirksam. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Beschluss von einem nicht zuständigen Organ beschlossen wurde. Der Vereinsausschluss eines Mitglieds durch ein satzungsmäßig unzuständiges Vereinsorgan ist unwirksam. Daran ändert sich auch nichts, dass der Ehrenrat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung das Verfahren mangels Besetzung nicht durchführen konnte. Der Verein hätte zunächst dafür sorgen müssen, dass zunächst der Ehrenrat besetzt wird, um dann dort das Ausschlussverfahren durchzuführen. Die Beschlussfassung durch das unzuständige Organ verletzt den Anspruch des Klägers auf die Durchführung eines satzungskonformen Ausschlussverfahrens. Die Mitgliederversammlung ist zwar das höchste Organ eines Vereins, aber auch die Mitgliederversammlung ist an die Satzung gebunden, so wie Volk und Parlament an das Grundgesetz. Das Vorliegen der formellen Voraussetzungen kann durch ein staatliches Gericht auch voll nachgeprüft werden.

Da der Beschluss unwirksam ist, hat der Kläger auch einen Anspruch gegen den Beklagten, dass der Beklagte die Unwirksamkeit des Beschlusses in gleicher Form bekannt gibt, wie er den unwirksamen Beschluss bekannt gegeben hat.

© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2012