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Skirecht: Ski Heil, Bein kaputt - Der Skiunfall in Österreich, Deutschland oder Italien

Immer wieder sind deutsche Gerichte, auch in Norddeutschland, mit Skiunfällen beschäftigt. Denn gemäß EU-Recht („Rom II-Verordnung“) ist deutsches Recht anzuwenden, wenn der Beklagte in Deutschland wohnt. Er kann dann an seinem Heimatgericht verklagt werden.

FIS-Regeln und deutsches Verkehrsrecht

In einem Fall des LG Köln, Urteil vom 15.8.2017 – 30 O 53/17, wandte das Gericht folgerichtig deutsches Beweisrecht an. Dem Beklagten gelang es nämlich nicht, den Beweis des ersten Anscheins zu entkräften, dass er fahrlässig gegen Nr. 3 der Regeln des internationalen Skiverbands verstoßen hat. Die FIS-Regel Nr. 3 lautet (abgekürzt) wie folgt: „Der von hinten kommende Ski-Fahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.“ Ungeachtet der Geltung des deutschen Schadensersatzrechts sind für die Beurteilung des Verschuldens die konkreten Verhaltensregeln des Rechts am Unfallort zu berücksichtigen, so dass für die konkreten Verhaltensregeln auf das Recht von Österreich abzustellen ist, wo sich das Skigebiet im Streitfall befand. Nach österreichischem Recht ist bezüglich des geforderten Verhaltens von Skifahrern insoweit auf die Regeln des internationalen Skiverbandes (FIS) abzustellen. Aber auch nach deutschem oder italienischem Recht werden diese Regeln als Ausprägung der allgemeinen Pflichten im Verkehr herangezogen, denn sie stellen eine Zusammenfassung der Sorgfaltspflichten, die bei der Ausübung des alpinen Skisports im Interesse aller Beteiligten zu beachten sind, dar. Es handelt es sich bei den FIS-Regeln zwar um keine gültigen Rechtsnormen, grundsätzlich sind sie aber Ausprägungen des allgemeinen Grundsatzes, dass sich jeder so verhalten muss, dass er keinen anderen gefährdet.

Skifahrer versus Snowboarder

Auch beim LG Bonn, Urteil vom 21. 3. 2005 - 1 O 484/04, ging es um einen Unfall aus Österreich. Das Gericht stellte mit der herrschenden Rechtsprechung fest, dass bei der Beteiligung eines Snowboardfahrers zu dessen Lasten eine Haftungsquote von 60:40 im Verhältnis zum Skifahrer zu berücksichtigen ist, da ein Snowboard im Vergleich zu regulären Skiern schwerer ist, dadurch wegen einer höheren Aufpralldynamik bei Kollisionen höhere Verletzungsrisiken birgt, gleichzeit aber schwerer zu steuern und bei jedem zweiten Schwung (backside turn) ein toter Winkel zu berücksichtigen ist. Unabhängig davon, ob der Snowboardfahrer die Position „regular” (linker Fuß vorne) oder „goofy” (rechter Fuß vorne) bevorzugt, steht er mit einem Winkel von circa 45° zur Längsachse beim Vorderfuß und bis zu 55°-60° beim Hinterfuß auf dem Board. Durch diese Grundhaltung ergibt sich ein anderes Gesichtsfeld als beim Skifahren, und beim Fahren aneinander gereihter Schwünge weist immer einmal die Körpervorderseite (frontside turn) und dann der Rücken (backside turn) zum Kurvenmittelpunkt. Besonders bei den letztgenannten „backside turns” kommt es zu den oben genannten Wahrnehmungsdefiziten in Form eines toten Winkels. Dies führt dazu, dass der Snowboardfahrer im Vergleich zum Skifahrer ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft auf der Piste aufzubringen hat.
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© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2017