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Amtsgericht Hannover: Bitte um Kundenfeedback ist Werbung - Abwehr unerwünschter Werbung

Aus den Gründen:

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 i.V.m. § 823 BGB wegen der unerlaubten Zusendung einer Werbe-E-Mail zu.

Durch die Versendung der E-Mail ist der Kläger in seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt worden. Geschützt werden insoweit auch Angehörige freier Berufe, die kein eigentliches Gewerbe betreiben, soweit der unmittelbare Eingriff ihre Berufstätigkeit betrifft (Palandt, BGB, 72. Aufl., § 823 Rdziff. 127 m.w.N.). Die hier im Streit stehende Beeinträchtigung ist für den Kläger auch von solcher Intensität, dass sie als Eingriff in ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bewertet wird. Eine unaufgeforderte E-Mail-Werbung stellt nach ständiger Rechtsprechung eine erhebliche, im Ergebnis nicht hinnehmbare Belästigung des Empfängers dar. Der Empfänger muss Arbeitszeit aufwenden, um unerwünschte Werbe-E-Mails auszusortieren. Die Vorgehensweise des Werbenden beeinträchtigt die negative Informationsfreiheit des Empfängers. Auch ist zu berücksichtigen, dass ein Werbender mit sehr geringen eigenen Kosten Werbe-E-Mails an eine Vielzahl von Personen gleichzeitig versenden kann. Erachtet man das Versenden von Werbe-EMails für zulässig, würde dies zu einer unübersehbaren Flut von Werbe-E-Mails führen. Denn das Versenden von Werbe-E-Mails ist für den Werbenden ungleich billiger als das Versenden von Werbung per Post, so dass dem Werbemedium E-Mail als solchem die Gefahr der Ausuferung inne wohnt.

Die hier versendete sogenannte Feedback-Anfrage ist zur Überzeugung des Gerichts auch einem Werbeschreiben gleich zu stellen. Umfragen zu Meinungsforschungszwecken lassen sich ohne Weiteres als Instrumente der Absatzförderung einsetzen. Wegen der Tarnung des Absatzinteresses greifen sie sogar noch gravierender in die Rechte des Betroffenen ein (LG Hamburg, NJW RR 2007, Seite 45). Ein absatzfördernder Zweck ist bereits auch dann anzunehmen, wenn Verbrauchergewohnheiten abgefragt werden, die im Zusammenhang mit den Produkten oder Dienstleistungen des Auftraggebers stehen.

Der Versand der E-Mail war auch nicht gerechtfertigt, da der Empfänger der Werbung nicht vorher zugestimmt hat oder das Einverständnis vermutet werden kann. Im vorliegenden Fall hat der Kläger vielmehr unstreitig mit E-Mail vom 02.08.2012 mitgeteilt, dass er keine Werbung, Newsletter, Bewertungsanfragen etc. wünsche. Dies bestätigte die Beklagte sogar mit E-Mail vom gleichen Tage.

Es kann auch dahinstehen, ob die seitens des Klägers vorformulierte Unterlassungserklärung, die der Abmahnung vom 12.11.2012 beigefügt war, zu weit gefasst war, indem sie Werbung per E-Mail, Telefax, Brief und Anruf beinhaltete. Der Kläger war zur Abmahnung berechtigt. Eine Abmahnung muss lediglich die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthalten. Es ist unschädlich, wenn der Gläubiger mehr fordert, als ihm zusteht, da es Sache des Schuldners ist, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben.

Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist auch nicht nur auf die von der Beklagten bereits verwendete E-Mail-Adresse beschränkt. Der Kläger kann von der Beklagten beanspruchen, dass sie es unterlässt, weitere Werbeschreiben unter beliebigen E-Mail-Adressen an den Kläger ohne sein Einverständnis zu versenden. Der Unterlassungsanspruchdes Klägers ist nicht auf ein Verbot der Versendung von E-Mails an diejenigen E-Mail-Adressen beschränkt, an die die Beklagte bislang bereits E-Mails versandt hat, denn der Anspruch umfasst nicht nur die konkrete Verletzungshandlung, sondern auch im Kern gleichartige Handlungen (BGH, NJW .2004, S. 1655 ff).

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