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Zur Frage der Unternehmereigenschaft eines Züchters

Erste Voraussetzung für das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufes ist eine bestimmte Parteienkonstellation: Ein Unternehmer verkauft eine Sache an einen Verbraucher. In diesem Fall sieht das Gesetz den Unternehmer durch seine Erfahrung und Marktmacht im Vorteil und schränkt daher die Vertragsfreiheit zum Schutz des Käufers ein.
Ein Unternehmer ist, wer bei Abschluss des Rechtsgeschäftes in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Als Unternehmer gilt jede Person oder Gesellschaft, die am Markt planmäßig und dauerhaft gegen Entgelt Leistungen anbietet. Auf die Eintragung im Handelsregister kommt es nicht an. Unter diesen Begriff des Unternehmers fallen vor allem Tierhändler, Züchter als Gewerbetreibende oder als Landwirte, Ausbilder oder Pensionsbetreiber. Wann allerdings ein Hobbyzüchter zum Unternehmer wird, ist nach wie vor unklar.
Zwar hat Bundesgerichtshof (BGH, AZ VIII ZR 173/05) am 29.03.2006 in einem Fall zum Pferdekauf zur Frage der Unternehmereigenschaft Stellung genommen und festgestellt, "Beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) setzt das Vorliegen eines Gewerbes und damit die Unternehmerstellung des Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen." Eine wirkliche Klärung ist damit aber noch nicht erreicht.
Die Unternehmereigenschaft ist zu bejahen, wenn die Person in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit handelt. Dies setzt ein planmäßiges Anbieten von Leistungen am Markt auf Dauer und gegen Entgelt voraus. Auch eine nebenberufliche Tätigkeit wird hiervon erfasst.
Das Merkmal „selbständig“ ist in aller Regel eindeutig erfüllt, denn die Zucht wird nur in den seltensten Fällen für Dritte betrieben.
Wann eine Tätigkeit „planmäßig und auf Dauer angelegt“ betrieben wird, lässt sich aber nicht nur aufgrund fester Kriterien (Dauer mindestens ein Jahr oder mindestens 10 Geschäftsabschlüsse pro Jahr getätigt werden müssen o. ä.) entscheiden.
Auf der anderen Seite steht die nur gelegentliche Betätigung, also der Hobby- und Gelegenheitszüchter. Denn bei einmaligen bzw. gelegentlichen Handlungen erreicht man noch nicht die Teilnahme am Wirtschaftsleben, die es rechtfertigt, den Züchter als Unternehmer anzusehen. Hier entscheiden die Umstände des Einzelfalles, wobei entscheiden ist, ob durch regelmäßige bzw. wiederholte Zucht eine auf Dauer berechnete Einnahmequelle geschaffen werden soll, und ob ein organisatorischer Mindestaufwand betrieben wird. Es kommt dabei vor allem auf den Umfang des Zuchtbetriebs und der Verkaufstätigkeit an.
Je mehr Zuchttiere der Züchter hat und je häufiger Nachkommen geboren und verkauft werden und so ein größerer organisatorischer Aufwand entsteht, desto eher ist der Züchter Unternehmer. Natürlich muss man auch nach der Art der gezüchteten Tiere unterscheiden. Kaninchen haben nun einmal viel mehr Nachkommen als Pferde. Das muss bei der Betrachtung berücksichtigt werden.
Auch für die Hundezucht wird dieser Ansatz vertreten. So geht die Rechtsberaterin des Vereins für das Deutsche Hundewesen VDH e. V., Claudia Marienfeldt, davon aus, dass ein Züchter, der nur gelegentlich züchtet, nicht als Unternehmer einzustufen sein dürfte, wobei die Rechtsprechung allerdings noch keine eindeutige Aussagen bezüglich der Zahl der Würfe und des Zeitraums getroffen habe.
„Gegen Entgelt“ ist die Zucht immer dann, wenn die Fohlen nicht verschenkt, sondern verkauft werden, wobei einzelne Verschenkungen noch nicht zur Unentgeltlichkeit des gesamten Zuchtbetriebs führen. Ob mit den Einnahmen auch ein Gewinn erzielt wird, Verluste reduziert werden oder ein Gewinn zumindest beabsichtigt ist, hat für die Entgeltlichkeit der Tätigkeit dagegen keine Bedeutung.
Auch das Merkmal des „Auftretens am Markt“ wird im Allgemeinen vorliegen, denn hier geht es ja gerade um die Fälle, in denen die Zucht nicht als Selbstzweck und zur Vergrößerung der eigenen Herde betrieben wird, sondern in denen die Pferde - grundsätzlich an jedermann - verkauft werden sollen, so dass insofern auch der nebenberufliche oder Hobbyzüchter als Anbieter auf dem „Pferdemarkt“ auftritt. Dieses Merkmal kann der Züchter aber selbst beeinflussen. Zwar ist die Unternehmereigenschaft in erster Linie nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Wer als kleiner Züchter aber groß als „Zuchtbetrieb Schulze“ in Zeitschriften und im Internet auftritt, entsprechende Werbung macht und sich auch sonst wie ein normaler Geschäftsmann aufführt, wirkt nach außen eher wie ein Unternehmer als derjenige, der nur von Mundpropaganda lebt und bei den Verkäufen wie ein Privatmann auftritt.
© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2011