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Der Vorvertrag beim Sattelverkauf

Die Tatsache, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) erst mit dem Kaufvertrag in Kraft treten, kann Reitsportfachhändler besonders dann in Bedrängnis bringen, wenn es um den Verkauf von Sätteln geht. Denn für die Sattelanprobe gelten sie somit noch nicht. Eine Vorabvereinbarung mit dem Kunden kann hier Abhilfe und Sicherheit für den Handel schaffen.
AGB liegen vor, wenn es sich um vorformulierte Vertragsklauseln handeln, die für eine Vielzahl von Fällen Geltung beanspruchen und vom Verwender, also vom Verkäufer, gestellt werden. Allerdings gelten AGB erst ab dem Zeitpunkt der Geltung des von ihnen unterstützten Vertrages, mit dem sie erst wirksam vereinbart werden, denn auch AGB müssen vereinbart werden.
Da zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen und der Anproben eben noch kein Vertrag abgeschlossen ist, gelten auch die möglicherweise bestehenden AGB der Händlers noch nicht. Der Händler ist im Falle des Scheiterns seiner Verkaufsbemühungen darauf angewiesen, dass es ihm gelingt einen Schaden aus „Verschulden bei Vertragsverhandlungen“ geltend zu machen. Hier ergeben sich neben den Problemen den tatsächlichen Schaden zu beziffern und zu belegen (es besteht nur Anspruch auf die nach Entstehung des Vertrauenstatbestandes gemachten Aufwendungen), auch die Schwierigkeit, nachzuweisen, dass die Aufwendungen notwendig und durch den Interessenten veranlasst waren und der Interessent ohne triftigen Grund die Verhandlungen abbricht, nachdem er in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages erweckt hat.
Es kommt daher darauf an, das Risiko von umfangreichen Anproben, Beratungen und Vorarbeiten bis hin zur Herstellung von Unikaten angemessen zwischen Interessent und Anbieter zu verteilen.
Ohne eine solche Absicherung kann es dem Anbieter passieren, dass er nach Wochen des Probierens und änderns, nach vielen Hundert gefahrenen Kilometern auf seinem nun individualisierten Sattel und den aufgewendeten Kosten „sitzen bleibt“. Andererseits dürfen die Sicherungsmaßnahmen für den Anbieter den Interessenten nicht zu sehr knebeln, indem z.B. zu hohe Rücktrittspauschalen vereinbart werden.
Daher ist ein Vorvertrag zu empfehlen, der die eben angesprochenen Probleme klärt.
Sicherheitshalber sollte die konkrete Vertragsgestaltung mit einem kompetenten Anwalt besprochen werden um böse Überraschungen vor Gericht zu vermeiden. Im Rahmen dieser Verkaufsverhandlungen ist insb. darauf zu achten, dass keine übermäßigen Zusagen gemacht werden. Diese können von Gerichten zum einen als Garantien oder als zusätzliche Eigenschaftszusicherungen gewertet werden.
Eine Garantie ist eine vertragliche Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels im Vergleich zu den gesetzlichen Rechten verstärkt werden. Es wird zwischen der unselbständigen und der selbständigen Garantie unterschieden.
Durch die Haltbarkeitsgarantie (unselbstständige Garantie) wird zugesichert, dass die Kaufsache während eines bestimmten Zeitraumes oder einer bestimmten Nutzungsdauer frei von Sachmängeln bleibt. Dies bedeutet, dass der Verkäufer entgegen der gesetzlichen Regelung, nach der er nur bei Gefahrübergang für Sachmängel einstehen muss, eine zeitlich erweiterte Haftung übernimmt. So kann zum Beispiel der Verkäufer auf eine Putzmaschine eine Garantie von einem Jahr übernehmen. Nicht gesetzlich geregelt ist, wann Ansprüche aus einer Garantie verjähren und welche Auswirkungen die Garantiefrist auf die Verjährungsfrist haben. Hinsichtlich der Dauer der Verjährungsfrist herrscht Uneinigkeit, ob eine zwei- (vgl. § 438 BGB) oder eine dreijährige (§ 195 BGB) Frist gilt.
Von der unselbständigen Garantie ist die selbständige Garantie zu unterscheiden. Eine solche wird nur in wenigen Ausnahmenfällen gewollt sein, da sich aus ihr im Gegensatz zu unselbständigen Garantie weitergehende Rechtsfolgen ergeben. Eine selbstständige Garantie liegt nur dann vor, wenn der Verkäufer erklärt, dass er über die Mangelfreiheit der Kaufsache hinaus für den Eintritt eines bestimmten Erfolges bzw. für das Ausbleiben eines bestimmten Nachteils einstehen möchte. Bei dem Verkauf einer Reitanlage verspricht zum Beispiel der Verkäufer, dass der Käufer die Boxen für 600,- Euro monatlich vermieten kann.
Eine Eigenschaftszusicherung ist demgegenüber eine reine Sollfestlegung. Zunächst ist der Inhalt der zwischen Verkäufer und Käufer getroffenen Vereinbarung entscheidend. Hiervon erfasst sind auch die Fälle, bei denen der Verkäufer eine einseitige äußerung tätigt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung fällt. Werden zum Beispiel Reitstiefel als Winterreitstiefel verkauft und stellt sich beim ersten Frost heraus, dass die Füße des Reiters abfrieren, so sind die in Rede stehenden Stiefel mit einem Mangel behaftet, da sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit als Winterstiefel aufweisen, auch wenn sie sonst perfekte Reitstiefel sind.
Weitaus üblicher ist jedoch, dass mit dem Verkäufer keine Vereinbarung über die Beschaffenheit getroffen wird, sei es, weil die Sache ohne viel Beratung verkauft wird, oder weil es bei der gekauften Sache einfach unüblich und lebensfremd ist, eine gesonderte Vereinbarung zu treffen. In einem solchen Fall liegt nach dem Gesetz ein Sachmangel vor, wenn sich die Sache nicht zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung eignet oder sie nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten darf. Bei Beurteilung der Frage, was in diesem Zusammenhang „üblich“ bedeutet, spielen mehrere Gesichtspunkte eine Rolle.
Eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit liegt vor, wenn die Kaufsache von den öffentlichen Aussagen (also solchen, die sich an eine unbestimmte Vielzahl von Personen richten) des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere solchen in der Werbung oder bei der Kennzeichnung, abweichen. Macht zum Beispiel eine Firma in Zeitschriften damit Werbung, dass ihr Futter sich für Beistellpferde und Hochleistungsspringpferde gleichermaßen eigne, so gehört diese äußerung auch dann zur Beschaffenheit der Sache, wenn auf sie im Verkaufsgespräch nicht mehr Bezug genommen wird. Stellt sich später heraus, dass das Futter für Beistellpferde viel zu gehaltvoll ist, so liegt ein Sachmangel vor, unabhängig davon, ob beim Kauf darüber gesprochen wurde, oder nicht.
Der Verkäufer muss also nicht nur seine eigenen Aussagen stets überprüfen, sondern sich auch hinsichtlich der Herstellerwerbung informiert halten. Ggf. muss er dem Kunden gegenüber diese Versprechungen zurücknehmen. Dies muss er allerdings – z.B. durch Quittierung – beweisen können.
© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2011